Als wir vor gut fünf Wochen hier an der Sygma angekommen sind, hieß es, Kaja würde bis Anfang Oktober bleiben, was noch weit entfernt schien. Die Zeit ist jedoch wie im Flug vergangen und nun mussten wir uns am Freitag von ihr verabschieden – von nun an würden wir auf uns selbst gestellt sein.
Wie gut das funktioniert, haben wir gleich unter Beweis gestellt: Noch am Freitag packen wir zur Mittagszeit unsere Sachen und platzieren uns an der New Road, wo wir nach ein paar Minuten in ein Trotro nach Accra steigen – der Mate versichert uns, dass die Fahrt zum Circle gehen wird, dem großen Umschlagplatz in Accra, von wo aus wir mit einem anderen Trotro in die Nähe des Hostels kommen wollten, das wir uns im Reiseführer ausgeguckt hatten.
Wir gehen davon aus, dass wir den Circle problemlos ausmachen können werden, müssen bald aber feststellen, dass wir wohl daran vorbeigefahren sind. Irgendwo in der Stadt werden wir dann herausgeschmissen und sollen in ein anderes Trotro umsteigen. Auch diese Fahrt ist jedoch bald vorbei und am Circle sind wir immer noch nicht. Lange Rede, kurzer Sinn: Nach insgesamt ca. drei Stunden Fahrt kommen wir letztendlich am Hostel an.
Nachdem wir eingecheckt und einen ersten Blick in den Schlafsaal geworfen haben, machen wir uns auf den Weg zu dem ersten Supermarkt, den wir in Ghana betreten – ein echtes Highlight, denn hier gibt es sogar Milch, Brot und Kuchen!
Zum Abendbrot treffen wir uns mit zwei anderen Freiwilligen, Cecilia und Maren, die auch über das Wochenende in Accra sind, zum Pizzaessen – das wollten wir uns nach über einem Monat ghanaischem Essen mal gönnen! Anschließend lassen wir den Abend in zwei verschiedenen Bars ausklingen, wobei wir feststellen müssen, dass hier alles viel teurer ist als in Nsawam und Cape Coast!
Am Samstagmorgen stehen Lotte und ich nicht ganz so früh auf wie geplant, weil wir durch die nächtlichen Partyzurückkommer und morgendlichen Frühaufsteher nicht allzu viel Schlaf bekommen haben. Dafür lassen wir uns aber zum Frühstück Puddingtaschen und Donouts vom Shoprite auf der Oxford Street schmecken, einem riesigen südafrikanischen Supermarkt, der mich nicht nur durch die weihnachtliche Dekoration an die Supermärkte in Frankreich erinnert.
Gestärkt gehen wir los, um zu Fuß die Stadt zu erkunden: Als erstes geht es zum Osu-Castle, das man, wie man uns mitteilt, leider nur freitags besichtigen kann – ein Grund, nochmal wiederzukommen! Weiter geht es über den Independence Square zum Makola Market, einem der größten Märkte des Landes, der uns aber gar nicht so viel größer vorkommt als der Markt in Nsawam, aber vielleicht haben wir ja auch nur einen Teil gesehen. Lotte und ich werden jedenfalls bei einer Schuh- und einer Stoffverkäuferin fündig!
Als nächstes besichtigen wir den Kwame Nkrumah Memorial Park, der zu Ehren des ersten Präsidenten Ghanas angelegt wurde und irgendwie gar nicht so richtig in das sonstige Stadtbild passt, wie wir es bis jetzt kennengelernt haben. Im Park sitzend überlegen wir, ob wir es noch vor Einbruch der Dunkelheit nach James Town schaffen und entscheiden uns dafür, es zu versuchen. Unterwegs werfen wir einen Blick in eine Kirche, die Steinmauern, ein richtiges Dach, Kirchenbänke und sogar eine Orgel hat und somit wenig mit den Orten zu tun hat, wo Grandpa und Sandra Gottesdienst feiern.
Auf dem Weg zum Castle und Lighthouse wirkt die Situation erstmals total surreal auf Lotte und mich und uns wird bewusst, dass wir gerade ganz alleine durch Ghana, durch Afrika laufen – da werden wir gleich etwas poetisch:
„Wir laufen alleine durch Afrika,
die Sonne brennt, das Wasser ist rar.
Wir laufen alleine durch Afrika,
man glaubt es kaum, doch es ist wahr!
Wir laufen alleine durch Afrika
und das jetzt für ein ganzes Jahr.“
Der Gedanke ist zwar wirklich verrückt, trotzdem fühlen wir uns aber vollkommen sicher und wohl.
Am Lighthouse angekommen, sind wir erschrocken über die Müllberge, die sich am Strand türmen und versuchen schon bald, ein Trotro zurück zum Hostel zu finden, schließlich dämmert es langsam. Unsere Suche müssen wir jedoch bald aufgeben, von hier aus scheint nichts in unsere Richtung zu fahren. Also halten wir uns ausnahmsweise ein Taxi an – zu Fuß zurückzulaufen wäre keine Alternative, schließlich haben wir insgesamt neun Kilometer hinter uns gebracht!
Kurz nachdem wir wieder am Hostel angekommen sind, treffen wir uns erneut mit Cecilia und Maren, die den Tag am Strand verbracht haben, weil sie sich die Stadt an anderen Wochenenden schon angeguckt haben.
Sonntagmorgen gehen wir ein letztes Mal in den Supermarkt, treffen uns noch einmal auf einen Kaffee mit den beiden anderen und machen uns dann auf den Heimweg – diesmal läuft alles planmäßig ab! Nachdem wir uns (zugegebenermaßen mithilfe einer Kartenapp) in Accra super zurechtgefunden haben, verlaufen wir uns peinlicherweise auf den letzten Metern vor der Schule, kommen dann aber von der anderen Seite heran. Es ist immer ein besonderes Gefühl, nach so einem Wochenende, an dem man mal dem Alltag hier entflohen ist, mit vielen neuen Eindrücken und irgendwie erfahrener hierhin zurückzukommen und durch unser Dorf zu laufen.
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