Am Montagabend merke ich ein leichtes Kratzen im Hals. "Hoffentlich hat mich das erkältete Mädchen im Schlafsaal nicht angesteckt", denke ich und lege mich, ein Salbei-Bonbon lutschend, ins Bett.
Dienstagmorgen hilft kein Salbei-Bonbon mehr, stattdessen stecke ich mir ein Neoangin in den Mund, wickle mir einen Schal um den Hals und nehme meine Thermoskanne und einen Ingwertee mit in die Küche zum Frühstück. In der zweiten Stunde unterrichte ich die 3a und merke, dass mir ganz schön warm ist - klar, ich trage ja auch einen Schal. Nach dem Mittag fühle ich mich dann aber wirklich ziemlich angeschlagen und lege mich lieber ins Bett; das Fieberthermometer zeigt 37,7 also immerhin kein Grund zur Malaria-Sorge, Fieber hat man schließlich erst ab 38 Grad. Außerdem schützen wir uns ja auch bestens, so, wie wir uns abends mit Anti-Mückenzeug einsprühen, unter einem Moskitonetz schlafen und sogar Malariaprophylaxe nehmen.
Als ich Mittwochmorgen aufwache fühle ich mich mittlerweile aber ziemlich krank, ich bleibe wohl besser im Bett liegen. Mittags zeigt das Thermometer einmal 38,1 an, kurz danach aber wieder 37 Komma noch was, ich habe also nach wie vor nur "erhöhte Temperatur".
Auch Donnerstag bleibe ich vorsichtshalber nochmal im Bett, gehe aber davon aus, dass ich spätestens Freitag früh dann endlich wieder fit sein müsste - schließlich wollen wir ja auch ans Meer fahren!
Doch auch am Freitag fühle ich mich noch so geschwächt, dass ich mich noch nicht traue, wieder zu unterrichten. Stattdessen gehe ich jetzt doch mal lieber zum Arzt, die Lehrer wundern sich schließlich schon, wo ich bleibe und was ich denn habe. Grandpa beauftragt einen sehr netten älteren Mann, der früher einmal Lehrer an der Sygma war und den wir bisher nur vom Hammer-und-Nägel-Ausleihen kennen, mit mir ins Hospital zu fahren. Ich staune nicht schlecht, als der alte Mann dann zu Fuß auf das Tor der Schule zusteuert und zielstrebig den gewohnten Weg durch das Dorf mit mir geht - was wäre denn, wenn ich richtig schlimm krank wäre?! An der ersten größeren, geteerten Straße angekommen, halten wir uns dann aber ein Taxi an, das uns zum "Krankenhaus" fährt: Ein Gebäude mit 2 Sprechzimmern, einem Schwesternzimmer sowie einem Labor, jeweils mit schönen, großen Holztüren wie in einem Saloon im wilden Westen, die aber offenstehen - lediglich Raumteiler bewahren die Privatsphäre. Davor ein offener, aber überdachter Gang, auf dem etliche Patienten warten, zu denen auch ich mich nun setze.
Nach etwa einer Stunde Wartezeit verabschiedet sich mein Begleiter, er müsse Geld von der Bank holen. Nach einer weiteren Stunde werde ich in das Arztzimmer gerufen. Ich schildere dem Doktor was ich habe - "Hals- und Kopfschmerzen seit Dienstag, seit gestern auch Ohrenschmerzen und Schnupfen, seit heute ein wenig Husten" - woraufhin dieser mir mit seiner Handytaschenlampe in den Hals leuchtet und dann meint, ich solle vor dem Labor Platz nehmen.
Ich weiß nicht, wie lange ich da sitze, bis ich irgendwann endlich hereingerufen werde und mir Blut abgenommen wird - "ich habe doch bloß eine Erkältung", denke ich, "wozu dieser Quatsch?".
Eine weitere Ewigkeit vergeht, während der meine Probe untersucht wird und während der ich beobachte, wie ein Huhn durch die Schwingtür in das Labor spaziert - und ich habe mich noch gewundert, dass die Fenster offen sind und Insekten ohne weiteres hereinkommen können!
Mittlerweile ist der nette alte Mann zurück und schaut schon ab und zu nervös auf die Uhr - schließlich muss er zum Closing wieder in der Schule sein, um darauf zu achten, dass alle Kinder in den richtigen Bus steigen.
Endlich werde ich wieder in das Arztzimmer gerufen. "Sie haben viele Mückenstiche, oder?", empfängt mich der Doc. " Naja, ein paar", relativiere ich. "Tja, Sie haben nämlich Malaria", eröffnet mir der Mediziner trocken. Er notiert etwas in meine Krankenakte und schickt mich, die ich noch überlege, ob ich ihn überhaupt richtig verstanden habe, damit zur Apotheke, die sich auf der Rückseite des Krankenhauses befindet. Auch hier müssen wir wieder warten, doch dann werden wir aufgerufen, ich bezahle die Rechnung - umgerechnet 20€ -, und wir werden mit drei verschiedenen Tablettenpackungen und zwei Spritzen ausgestattet und zu einer Schwester geschickt, die mir die Injektionen in den Hintern spritzt. Mir fällt ein, dass ich doch bestimmt noch eine Krankschreibung brauche, also gehen wir nochmal in das Arztzimmer - diesmal einfach so, ohne Warten -, doch der Arzt lässt uns mit den Worten "Wie Krankschreibung? Morgen ist doch Samstag, arbeiten Sie denn auch samstags?" und ohne Bettruhe-Verschreibung wieder gehen.
Knapp vier Stunden nach unserer Ankunft im Krankenhaus machen wir uns endlich wieder auf den Rückweg und ich entschuldige mich bei dem netten alten Mann, dass er so lange auf mich warten musste, woraufhin er nur freundlich lächelt und entgegnet, wieso, er sei doch bei der Bank gewesen!
Als wir wieder in der Schule ankommen, besteht der alte Mann darauf, uns wegen des Regens vom Taxi bis auf den Schulhof fahren zu lassen, damit ich bloß nicht nass werde. Ich sehe Grandpa im Office stehen und teile ihm die Neuigkeiten gleich mit - Ja ja, das hätte er sich ja gedacht, antwortet er ebenso gelassen wie der Arzt.
Als ich Lotte hingegen raten lasse, was ich habe, tippt sie selbstverständlich auf Erkältung und will schon mit den Augen rollen, darüber, dass der Arzt für diese Erkenntnis vier Stunden gebraucht hat. Als ich ihr verrate, was die Blutuntersuchung tatsächlich ergeben hat, will sie erst gar nicht glauben, dass diese kleine Grippe jetzt Malaria sein soll - plötzlich sind unsere Scherze über Malaria, wenn uns ein Mückenstich gejuckt oder der Malaria-Prophylaxe-Erinnerungs-Wecker geklingelt hat, gar nicht mehr so fernliegend.
P.S. Dank der Medikamente geht es mir jetzt schon wieder viel besser und ich gehe tatsächlich davon aus, morgen wieder unterrichten zu können.
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